Grußwort der stellvertr. Vorsitzenden des Pfarreienrates, Caroline Penth, anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Pfarrkirche St. Michael, Wemmetsweiler am 29.09.24
Liebe Pfarrkirche St. Michael,
ich spreche dich direkt an, denn schließlich stehst du heute im Mittelpunkt. Am 17. September 1899 wurde hier nach knapp zweieinhalbjähriger Bauzeit die erste Messe gefeiert. Und für die Wemmetsweiler Bürgerinnen und Bürger hat sich mit deiner Fertigstellung endlich der Wunsch nach einer eigenen, großen Kirche erfüllt. Und du musstest dich nicht verstecken, denn beim Bau und bei deiner Ausstattung wurde nicht gekleckert. Dein 54 Meter hohe Turm war und ist weithin sichtbar und du prägst damals wie heute das Ortsbild. Obwohl du hier unten im Loch stehst, bist du von fast überall in Wemmetsweiler aus zu sehen.
125 Jahre, liebe Pfarrkirche St. Michael– das kann sich durchaus sehen lassen. Im Gegensatz zu manchen Kirchen, zum Beispiel aus dem Mittelalter, bist du zwar noch ein echter Jungspund, aber immerhin bist du schon ein Vierteljahrhundert älter als deine Namensvetterin, die Kirche St. Michael in Saarbrücken, die heute ihr 100-jähriges Jubiläum feiert. Übrigens als großes Pontifikalamt mit unserem Bischof. Aber auch ohne Besuch aus Trier hatten wir eine schöne Messe und werden deinen Geburtstag heute gebührend feiern. Und längst nicht alle Kirchen erreichen so ein stolzes Alter. Denken wir nur an deine kleine Schwester auf dem Michelsberg. Auch du hast in den 125 Jahren einiges mitgemacht und es sah nicht immer gut aus. Doch der heilige Michael hat stets seine schützende und starke Hand über dich gehalten. So hast du die beiden Weltkriege weitestgehend unbeschadet überstanden. Im zweiten Weltkrieg hattest du großes Glück. Auf den Tag genau vor 80 Jahren, am 29.09.44, hat ein Bombenangriff in unmittelbarer Nachbarschaft 23 Menschen das Leben gekostet und 35 Häuser zerstört. Die Wemmetsweiler Bevölkerung musste an diesem Tag die Folgen dieses fürchterlichen Krieges am eigenen Leib erfahren. Doch du bist heil geblieben. Ab den 50er Jahren standen die Zeichen auf Wachstum, Wandel und Fortschritt. Sowohl gesamtgesellschaftlich als auch in der Kirche und hier vor Ort. Durch das zweite vatikanische Konzil wurden vielfältige Neuerungen in der Liturgie angestoßen. Messen auf Latein und mit dem Rücken zur Gemeinde gehörten nun, Gott sei Dank, der Vergangenheit an. Diese Änderungen sind auch dir bestimmt nicht verborgen geblieben. Denn der 1969 eingeführte neue Pastor Erhard Bauer brachte frischen Wind in die Pfarrei. Und er sollte die Kirche, den Ort und die Menschen in Wemmetsweiler nun für die nächsten 32 Jahre auf eine besondere und einzigartige Weise prägen, die bis heute nachwirkt. Heute würde Erhard Bauer übrigens seinen 95. Geburtstag feiern. Leider passte deine Gestaltung von 1899 so gar nicht mehr zu den Anforderungen an einen zeitgemäßen Kirchenraum. Eine Rundum-Erneuerung musste her. Unter Mitwirkung verschiedener Fachleute, die allesamt hervorragende Arbeit geleistet haben, bekamst du 1977 ein neues Gesicht mit all den Details, die auch heute noch deine Schönheit ausmachen. Ein offener Kirchenraum mit dem Zelebrationsaltar im Zentrum, in Szene gesetzt von dem beeindruckenden Leuchter, tolle Malereien und als Highlight deine wunderbaren Fenster. Wenn bei Sonnenschein das Licht hindurchscheint und unzählige bunte Farbpixel an die Wände malt, kann wohl kaum jemand deinem Charme widerstehen, egal wie oft er dich schon betreten hat. Es muss eine schöne Zeit gewesen sein in den 70er und 80er Jahren. Du frisch renoviert, viele tolle Gottesdienste und Konzerte, das neue Pfarrzentrum auf dem Michelsberg in Betrieb genommen. Bis Anfang der 90er festgestellt wurde, dass du als Folge des Bergbaus akut einsturzgefährdet bist. Eine Katastrophe und wahrscheinlich die schwärzeste Stunde in deinem Kirchenleben. Du wurdest geschlossen, sakrale Gegenstände ausgelagert. Doch auch hier hat wohl der heilige Michael wieder seine schützende Hand über dich gehalten. Denn in einer damals einmaligen Aktion wurdest du um bis zu 90 cm angehoben und auf 48 Federpakete gestellt. Eine riskante und beispiellose Ingenieursleistung, die da vollbracht wurde. Doch deine Rettung war geglückt und macht dich nun auch technisch gesehen einzigartig. Denn welche Kirche steht schon auf Federn?
Für die Menschen in Wemmetsweiler bist du aber nicht oder nicht nur wegen deiner ausgefeilten Fundamentstruktur etwas Besonderes, sondern weil sie mit dir schon so viel erlebt haben. Du darfst ja bei den Höhepunkten im Leben vieler Menschen live dabei sein und umschließt als Kirche das Leben von vielen Wemmetsweilern und Wemmetsweilerinnen wie eine Klammer. Von der Taufe zu Beginn über Kommunion, Firmung, Hochzeit bis zur Verabschiedung am Lebensende. Nicht wenige werden all das hier in deinen Wänden erleben bzw. erlebt haben. Unzählige Momente der Freude, des Glücks, aber auch der Trauer und der Verzweiflung durftest du als stumme Zeugin schon begleiten. Du bildest dabei einen wunderbaren, würdigen Rahmen, und bist doch mehr als nur hübsche Hintergrundkulisse. Für viele Menschen hier bist du ein Stück Heimat. Ein Ort, an den so viele, hoffentlich überwiegend positive und schöne Erinnerungen geknüpft sind. Egal ob aktiv bei den Messdienern, Lektoren, Katecheten oder im Chor oder einfach als Besucher. Ich glaube, mit den Erinnerungen, die jeder und jede Einzelne hier an dich hat, könnten wir ganze Seiten füllen.
Dann lasst uns das doch tun. Hinten liegt ein Buch und Sie sind eingeladen es im Laufe des Tages mit Ihren ganz persönlichen Erinnerungen und Grüßen an unsere Pfarrkirche zu füllen. Aber jetzt wieder zurück zum Geburtstagskind. Was wünscht man einer Kirche in der heutigen Zeit? Dass sich etwas verändert hat, hast du mit Sicherheit bemerkt. Die Messen sind weniger geworden und längst nicht mehr so gut besucht. Die Zeiten der vollen Kirchenbänke sind vorbei, selbst an Weihnachten bekommt auch der Letzte noch bequem einen Sitzplatz. Aber keine Angst, liebe Kirche. Es liegt nicht an dir. Anderswo sieht es genauso aus. Aber so wie es einmal war, so realistisch müssen wir sein, wird es wohl nicht mehr werden. Das Gesicht der Kirche und das Leben in der Pfarrei wird sich weiter verändern. Die Fusion der Pfarreien St. Michael und Rosenkranzkönigin zur neuen Pfarrei Maria Königin ist nur ein kleiner Teil davon. Doch wenn wir die Fotos und Dokumente der letzten 125 Jahre hier betrachten, sehen wir einen stetigen Wandel und auch die ein oder andere Herausforderung. Eines ist jedoch über all die Jahre gleich geblieben. Es gab Menschen, die sich eingesetzt und engagiert haben, denen die Pfarrei und du als Kirche ein Herzensanliegen waren. Deshalb wünsche ich dir zu deinem 125-jährigen Geburtstag, im Namen des Pfarreienrates, liebe Pfarrkirche St. Michael, dass es auch in Zukunft, egal wie diese aussehen mag, immer Menschen gibt, die sich um dein Wohl kümmern, die dich hegen und pflegen und in Stand halten, damit deine Schönheit gewahrt bleibt. Ich wünsche dir, dass du und die Botschaft Jesu auch weiterhin für einige eine Herzensangelegenheit sind, für die es sich einzusetzen lohnt. Außerdem wünsche ich dir und uns, dass du ein offenes Haus bleibst, in jeder Hinsicht, dass du ein Ort bleibst, an dem die Menschen zusammen kommen, an dem sie Erfahrungen machen, auch Dinge hinterfragen oder neue Perspektiven einnehmen. Ein Ort, an dem sie Erinnerungen sammeln, Erinnerungen des Glaubens und der Gemeinschaft, positive Erinnerungen, die sie mit ins Leben nehmen. Dass du vielleicht auch für die nächsten Generationen ein Stück Heimat wirst. An sich bist du nur ein Gebäude aus Stein, hübsch anzusehen und architektonisch wertvoll, keine Frage, doch erst mit uns Menschen wirst du zu einem lebendigen Ort des Glaubens und des Miteinanders. Möge diese Lebendigkeit in dir auch in Zukunft erhalten bleiben, egal, in welcher Form, ob traditionell oder ganz neu, ob mit vielen oder wenigen. Und möge der heilige Michael, bei allen Veränderungen und Herausforderungen, die kommen, weiterhin seine starke und schützende Hand über dich und alle Menschen hier halten. Denn wie man auf Veränderungen flexibel reagiert, ohne dass Risse und Schäden entstehen, dafür bist du das beste Beispiel.